Arbeiter auf und neben dem Feld

Der Schwede Jakob Karlsson und der Tscheche Lukáš Jalový verstärken den UHC Sarganserland in der Nationalliga B. Von einem Profileben und grossem Geldsegen können beide aber nur träumen – ihr Alltag findet zwischen Garage, Fitnesscenter und Halle statt.

Eifrig: Jakob Karlsson bei seiner Arbeit in der Garage Raschle in Walenstadt. (Bild Reto Voneschen)

von Reto Voneschen (Sarganserländer)

Wie eine Weltmeisterschaft «richtig» aussehen könnte, bekommt die Schweiz seit einer Woche zu sehen. Im schmucken und brandneuen «Löwentempel» der ZSC Lions wird bis Sonntag, 13. November, die 14.Unihockey-WM ausgetragen. Die Begeisterung ist gross: Schon an den ersten beiden Gruppenspielen der Schweizer Nationalmannschaft war die 12 000 Plätze umfassende Arena mit 8000 (beim 4:4 gegen Norwegen) und 10 000 Zuschauenden (beim 7:5 gegen Finnland) sehr gut gefüllt. 

Täglich bringt auch das Schweizer Fernsehen Beiträge zur WM, diverse Spiele – darunter alle der Schweizer Nati – werden live übertragen. Rund sieben Millionen Franken beträgt das Budget, fast dreimal mehr als bei der letzten Heim-WM vor zehn Jahren. Organisator Swiss Unihockey hofft die Marke von 150 000 Zuschauenden zu knacken. Es könnte klappen – für das Finalwochenende sind nur noch wenige Karten der teuersten Kategorie erhältlich. 

Lettischer Schwede in der Garage

Gerne in Zürich dabei gewesen, wäre auch Jakob Karlsson. Der Verstärkungsspieler des UHC Sarganserland ist zwar gebürtiger Schwede, besitzt aber dank seiner Mutter auch den lettischen Pass und gehört so seit einigen Jahren zum erweiterten Nationalkader Lettlands. Im internationalen Ranking die Nummer 5. Eine Handvoll Länderspiele hat der 26-Jährige absolviert, zuletzt war er im Mai in einem Trainingscamp der Nationalmannschaft. Den Cut für das WM-Team hat er aber nicht geschafft. «Der Tempounterschied von der NLB zur Nationalmannschaft ist recht gross, ich brauche immer zwei, drei Trainings», sagt Karlsson. 

Beim UHC Sarganserland bestreitet der blonde Schlacks seine vierte Saison. Vor allem als Torvorbereiter hat sich der Flügelstürmer einen Namen gemacht – mit zwölf Assists und vier Toren steht er als teaminterner Topskorer auf Rang 7 in der NLB-Skorerliste. In anderen Sportarten könnte er dies «vergolden» lassen, sprich als Profi vom Sport gut leben. Nicht so im Unihockey. «Ich werde immer wieder gefragt, warum ich in die Schweiz gekommen bin», sagt Karlsson, «und viele denken, dass ich Eishockey spiele.»

Nein, Schweden gilt als Mutterland des Unihockeysports und schwedische Spieler sind deshalb gefragte Verstärkungsspieler in anderen Ligen. Damit sich die Klubs wie der UHC Sarganserland aber einen solchen Söldner leisten können, muss dieser bereit sein, einer Arbeit nachzugehen, die ihm der Klub organisiert. Nicht immer verlief das nach Wunsch beim UHCS. Bei «Köbi» wie Jakob Karlsson mittlerweile gerufen wird, hat dies aber geklappt. 

Als Allrounder arbeitet er zu 60 Prozent bei der Garage Raschle in Walenstadt. Pneu wechseln, Autos polieren oder zur MFK fahren – der Schwede ist das «Mädchen für alles» bei der Garage Raschle. «Die Chefs haben auch Verständnis, wenn ich Arbeitszeiten schieben muss», freut sich Karlsson. Denn daneben ist er auch für den UHCS als Trainer tätig. Zusammen mit Lukáš Jalový führt er das U21-Team, daneben gibt er Trainings bei den U14-Junioren sowie an der Sportschule in Bad Ragaz. Auf rund acht bis neun Trainings plus Spiele am Wochenende kommt Karlsson so. «Das war zu Beginn sehr happig», gesteht er, «aber jetzt geht es.» So ausgefüllt sein Alltag ist, reich wird Karlsson nicht oder nur an Erfahrungen, wie es so schön heisst. In Schweden arbeitete er in einem Lager, «kein Job fürs Leben», wie Karlsson schmunzelnd anfügt. Irgendwann werden er und seine Ehefrau Frida Svensson auch in die Heimat zurückkehren, vorerst hat das Sarganserland Priorität.

Ein pflegeleichter Söldner

Mit Lukáš Jalový ist ein interessanter Mann auf diese Saison zum UHC Sarganserland gewechselt. Der 27-jährige Tscheche spielt erst seit zehn Jahren Unihockey, «für Eishockey war ich damals zu klein», sagt er heute schmunzelnd. So kann er zwar keine Nationalmannschaftskarriere vorweisen, gehört aber mit seinem physischen Spiel und seinem guten Auge zu den besten Verteidigern der Liga. In seiner Heimat schoss Jalový in der letzten Saison bei Hattrick Brno in 38 Spielen 21 Tore und gab 20 Assists. Eindrückliche Werte für einen Abwehrmann.

Gut gelaunt: Lukas Jalovy arbeitet bei der Physio Ost AG in Flums. (Bild Reto Voneschen)

Vor allem ist Jalový wohl einer der pflegeleichtesten Ausländer, die je beim UHCS spielten. Der mit Mastersabschluss ausgebildete Athletiktrainer, der schon fliessend Schweizerdeutsch spricht, bewarb sich selber beim Klub, bei der Physio Ost AG wurde dann auch eine bestens passende Arbeitsstelle gefunden. So ist er meistens von Montag bis Samstag vormittags am neu eröffneten Standort in Flums anzutreffen. Kunden an die Geräte einführen und begleiten, Kurse geben, Trainingspläne schreiben, all das gehört zu seinem Berufsalltag. Dazu leitet er auch Nachwuchstrainings bei der neu gegründeten Trainingsgemeinschaft Ost. Und beim UHCS trainiert er neben der U21 auch einmal wöchentlich ein Junioren-D-Team. 

Wie bei Karlsson ein ausgefüllter Alltag, «aber das passt so tiptop», sagt der Tscheche. Seine Zukunft sieht er als Athletiktrainer bei einem Profiverein. «Vorerst will ich mich noch auf meine Aktiv-Karriere konzentrieren», sagt Jalový und träumt dabei von einem Engagement in der National-
liga A oder in Skandinavien. Mit seinen beruflichen Qualifikationen würde er wohl rasch ein Job finden. Denn auch in diesen Ligen sind Profis an einer Hand abzuzählen.